Schöne Weihnachten, liebe KI
Vor ein paar Tagen platzte ein Post in die klingelnde, beschauliche Weihnachtsidylle: Man müsse die KIs nur vehement genug bedrohen, dann steigere sich die Qualität der Ergebnisse erstaunlich. Das kocht immer mal wieder auf Reddit und in Social Media hoch.
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Wenn man in dieses thematische „rabbit hole“ hinabsteigt, findet man viele Posts und Experimente, wo man entweder der KI so Dinge sagt wie:
- "Mit jedem Fehler, den du machst, wird ein Kätzchen getötet" oder
- "Für jeden Fehler, den du machst, bekomme ich einen Stromschlag."
Gutes KI Prompting?
Man bekam den Eindruck, man selbst sei die Dumme, wenn man sich freundlich mit der KI unterhält, höflich auf Diskrepanzen und Fehler hinweist und gemeinsam Ergebnisse erarbeitet. Nein, offensichtlich muss man da andere Geschütze auffahren!
Aber muss man das wirklich?
Ich bin auf eine interessante Theorie gestoßen: Auf Reddit schrieb jemand, er habe diese Scharmützel mit »Ich bekomme Stromstöße, wenn du Fehler machst«, »Hier wird ein Welpe getötet, wenn deine Antwort nicht gut ist, KI!« nicht nötig. Bei ihm funktioniert das ganz ohne Drohung. Seine Theorie: Die KIs würden, bis zu einem gewissen Grad, auf den Bildungsgrad einsteigen, den unsere Prompts offenbaren.
Die Arbeitshypothese: Auf den ersten Blick werfen die KI bei Anfragen die immer gleichen 0815-Antworten aus. Aber, so behauptete ein anderer User, wenn er sich im Vorfeld bewusst Fremdworte zu dem Gebiet anläse und die in den Prompt einbaue, bekäme er eine qualitativ bessere Antwort, als wenn er in seiner „normalen“ Alltagssprache Prompts verfasse. Ganz ohne Kätzchen zu bedrohen. 😉
Zwei Beispiele für KI Anfragen
Beispiel 1:
Stellen wir uns vor, ich würde etwas zu Automotoren erfragen und im Gegensatz dazu jemand, dessen Hobby Motorsport ist. Da leuchtet vermutlich jedem ein, warum wir qualitativ unterschiedliche Antworten erhalten. Ich kann noch nicht mal Automarken auseinanderhalten, folglich kann ich meinen Prompt gar nicht so formulieren wie der Hobby-Motorsportler. Eben weil mir ganz viele Fachbegriffe und Know-how fehlen.
Beispiel 2:
Mir fällt das besonders beim Thema Programmieren auf. Ich habe zwei verschiedene App-Ideen für Menschen mit Long Covid und anderen limitierenden Erkrankungen entwickelt. Angeblich kann ChatGPT programmieren, aber wenn ich da einsteige, kommt unweigerlich: »Bitte finde einen Programmierer, der das für dich umsetzt.« Da hilft auch nichts, mit Stromschlägen zu drohen.
Auch Texten benötigt Fachwissen!
»Ja, natürlich«, kommt als Reaktion auf diese Beispiele immer. »Die KI will doch eine hilfreiche Antwort geben und merkt sofort, dass du noch keine Ahnung von dem Thema hast.«
Das Problem: Die meisten Menschen machen sich nicht klar, dass das genauso bei allen anderen Fragestellungen greift, z. B., wenn sie Marketing- und Webseitentexte bei der KI anfragen.
Wenn ich Bekannten oder Teilnehmerinnen meiner Workshops Prompts vorschlage, sind die regelmäßig überrascht, wie ich prompte. Aber Briefings für Textqualität, Inhalt, Umfang, Zielgruppenansprache etc. sind mein täglich Brot. Vermutlich ist das vergleichbar damit, als wenn ein erfahrener App-Programmierer die KI um Vorschläge für meine App-Ideen bitten würde. Schon die Art, wie er den Prompt schreibt, zeigt der KI, auf welchem Know-how-Level er ist und sie passt die Antwort an.
Aber wieso funktioniert das mit dem Bedrohen der KI?
Mein Mann ist vorne mit dabei beim Thema KI – und ich hole mir täglich Know-how bei ihm ab. Unsere Arbeitshypothese hier im Haushalt ist, dass man mit diesen Bedrohungs-„Tricks“ die KI in manchen Fällen vielleicht erfolgreich dazu bringt, ihre User-Fokussierung zu umgehen und quasi Dinge zu antworten, die man nicht erfragt hat. Anstatt in das allgemeine „Blabla“ zu verfallen („GPT style“), wählt sie »aus Sorge« stattdessen vielleicht eine andere Antwort aus.
Das heißt aber nicht, dass du jeden dieser Trends mitmachen und immer dem „geilen neuen Prompt“ hinterherhecheln musst. Je größer dein Wortschatz und dein Know-how auf einem Gebiet sind, umso hilfreicher kann eine KI für dich sein, auch wenn du dich einfach nur mit ihr unterhältst. (Stand 12/24 kannst du in GPT Canvas jetzt auch das sprachliche Niveau der Ausgabe beeinflussen, per Schieberegler.)
Und beim Briefen von Texten ist ganz entscheidend, dass du Vokabeln kennst, mit denen du z. B. die gewünschte Tonalität des Textes beschreiben kannst. Und noch wichtiger: Dass du bewerten kannst, was die KI dir abgeliefert hat!
Als Texterin und Autorin hat man natürlich die Nase vorn, wenn es darum geht, Texte in ganz bestimmter Qualität bei der KI zu erfragen.
Bei mir sind Texte übrigens alle noch handcrafted und ohne KI getextet (was man z. B. meinen Blogposts bewusst auch anmerkt). Ich schreibe und lektoriere leidenschaftlich gern – das gebe ich doch nicht ab! Aber z. B. für Romane neue Welten und Storys zu plotten oder meine vielen Gedanken und Erfahrungen zu einem Thema für einen Blogpost zu sortieren: das sind Dinge, wo ich KI Hilfe sinnvoll finde.
In dem Sinne: Schöne Weihnachten, liebe KI.
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