Schreibblockade – was ist das eigentlich?
Mit Schreibblockaden kämpfen die meisten Menschen, die
- Texte schreiben müssen (beruflich)
- oder Texte schreiben wollen (zum Beispiel das Herzensbuch oder die SEO-Texte für die eigene Webseite).
Das Ergebnis ist bei Schreibblockaden immer dasselbe: Das 𝗦𝗰𝗵𝗿𝗲𝗶𝗯𝗲𝗻 der 𝗧𝗲𝘅𝘁𝗲 fühlt sich für dich an, wie 𝗙𝗮𝗵𝗿𝗲𝗻 𝗺𝗶𝘁 𝗮𝗻𝗴𝗲𝘇𝗼𝗴𝗲𝗻𝗲𝗿 𝗛𝗮𝗻𝗱𝗯𝗿𝗲𝗺𝘀𝗲. Du setzt dich motiviert hin – und dann kommt nur 𝗾𝘂𝗮̈𝗹𝗲𝗻𝗱 𝗹𝗮𝗻𝗴𝘀𝗮𝗺 mal ein Wort. Jeden fertigen Satz hinterfragst du.
Du bist zwar hochmotiert, endlich die Texte für deinen Newsletter oder die Webseite zu schreiben oder die Case Study über das aktuelle Projekt. Aber neben allen anderen Aufgaben findest du nicht genug Zeit dafür. Denn du brauchst massig viel Zeit zum Schreiben – weil es nur so langsam vorangeht.
Das muss nicht so sein! Bewaffnet mit dem richtigen Know-how kannst du zügig durch den ersten Entwurf jedes Textes fliegen.
»Entwurf« ist das wichtigste Stichwort im Kampf gegen Schreibblockaden: Zu lernen, dass einen ersten Entwurf zu schreiben und deinen Text für die Veröffentlichung zu überarbeiten zwei grundsächlich unterschiedliche Fertigkeiten und Arbeitsschritte sind.
Der erste Entwurf ist der entscheidende Schritt! Nur was du fertig geschrieben hast, kannst du verbessern oder verbessern lassen.
Nur wenn der erste Entwurf steht, können dir auch Testleserinnen und -leser oder KIs weiterhelfen. Mit einem leeren Blatt und ein paar mühsamen Stichworten liefern dir nämlich ChatGPT und Co. nur BlaBla oder tausendfach publizierte Allgemeinplätze.
Inhaltsverzeichniss
Ich habe keine Schreibblockade – ich bin kein Autor!
Die Auseinandersetzung mit Schreibblockaden ist nicht nur für Autoren von Bedeutung, die ihr ‚Herzensbuch‘ oder professionelle Artikel schreiben möchten.
Auch Angestellte in Unternehmen erleben diese Herausforderung, wenn sie beispielsweise Berichte, E-Mails oder Marketing-Texte verfassen müssen. Hierdurch kann es zu Verzögerungen kommen, die den Unternehmenserfolg direkt beeinflussen können.
Ein ineffizienter Schreibprozess führt nicht nur zu einer Verzögerung der Projektzeiten, sondern kann auch die Qualität der Arbeit beeinträchtigen. Daher ist das Verstehen und Überwinden von Schreibblockaden für jeden, der schreibt, von zentraler Bedeutung.
By the way: Schreibblockaden tarnen sich häufig sehr geschickt. Da ist man zum Beispiel nicht geblockt, sondern du denkst:
- "Ich bin zu müde, um zu schreiben"
- " Ich habe einfach keine Idee"
- "Erstmal einen Kaffee"
- "Nur kurz erstmal das Dringende erledigen"
- "Wie es hier aussieht, so kann ich mich ja nicht konzentrieren"
Kommt dir das bekannt vor?
Das sind keine »Wahrheiten«, sondern Tarnungen für Schreibhemmungen.
Kurzer Überblick
In diesem Artikel zeige ich dir, woran du Schreibhemmungen und -blockaden bei dir entdecken kannst – und wie du deine Texte und Schreibprojekte angehst, damit du flüssig schreiben kannst. Tschüss Handbremse beim Texten!
Du findest erst eine Erklärung von Schreibblockaden.
Dann Tipps zur Schreibplanung und dem täglichen Schreibmanagement. Damit am Ende der Deadline der Text auch fertig ist.
Da Firmentexte, Storytelling und das Schreiben von ganzen Büchern besondere Themen sind, bekommen sie jeweils einen eigenen Abschnitt.
Definition einer Schreibhemmung
Schreibblockaden zählen in den Bereich der »Kreatitivätsblockaden«.
Der Begriff writer’s block wurde in den englischsprachigen Ländern in den 1980er bis ca. 2000er Jahren sehr viel verwendet und schwappte mit Verzögerung nach Deutschland über.
Inzwischen ist die Nutzung des Begriffs auch im englischsprachigen Raum rückläufig. Viele Schreibberater sprechen nun eher von „Mindset“ und „mindful productivity“.
In Deutschland wirkt der Begriff „Mindset“ allerdings mittlerweile abgedroschen. Ich verwende daher „Schreibhemmung“ als Oberbegriff und bezeichne als „Schreibblockaden“ die schwereren Fälle, die vor allem professionelle Schreiber betreffen (AutorInnen, JournalistInnen, TexterInnen usw.).
Die Tendenz, lieber von „Schreibblockaden“ zu sprechen, könnte daran liegen, dass dieser Begriff die Vorstellung einer Blockade von außen suggeriert, was schmeichelhafter für das Selbstwertgefühl erscheint. Während »Schreibhemmung« eventuell nahelegt, dass man selbst irgendwie »gehemmt« ist. (Das ist aber der tatsächliche Knackpunkt.)
Wie äußert sich eine Schreibhemmung zum Beispiel?
- Man findet keinen Einstieg in den Text und schreibt dann gar nicht.
- Man plant den Text … und recherchiert und recherchiert und plant … und kommt nicht ins Schreiben.
- Der Schreibprozess wird immer wieder unterbrochen und dann irgendwann abgebrochen.
- Das Geschriebene wird hart be- oder sogar verurteilt.
- Man quält sich beim Schreiben, ringt teilweise um jedes Wort.
- Besonders bei Sachtexten, Arbeiten für Uni oder FH, Firmentexten, Case Studies: Anstatt selbst zu schreiben, werden Passagen aus Fremdtexten übernommen. Der Text wird dadurch immer länger und unübersichtlicher, mit großen inhaltlichen Brüchen. Die Komplexität übersteigt schnell die bisher erlernten Schreibskills.
- Bei dem Gedanken »jetzt schreibe ich den Text« setzen Vermeidungstaktiken ein: erstmal den Schreibtisch aufräumen, E-Mails checken, Kaffee kochen, beim Kollegen vorbeigehen, putzen ...
- Zwingt sich die Person zurück an den Text, steigert sich das Vermeidungsverhalten in die Flucht: Schreibt man im Büro-Setting, flüchtet man sich in ein anderes »dringendes« Projekt. Zuhause endet die Flucht bei AutorInnen häufig im Bett oder auf der Couch aka in die Ohmacht: »ich muss erstmal kurz schlafen, ich bin zu müde für alles«.
Verschiedene Formen der Schreibhemmung
- Perfektionismus: Übermäßige Sorge um Fehler oder Mängel im Text
- Prokrastination: Das Aufschieben des Schreibprozesses
- Kreative Blockade: Unfähigkeit, Ideen für den Text zu generieren
Tatsächliche Gründe für Schreibblockaden oder Schreibhemmungen
Das rechts sind die wahren Gründe für Schreibhemmungen. Aber den wenigsten Menschen werden sie sich auf Anhieb in dieser Form zeigen.
Dein Gedankengang wird eher sein: »Ich kann diesen Text nicht schreiben!«, »Ich habe keine Zeit dafür!«, »Ich muss noch mehr recherchieren.« oder »Ich komme mit dem Buch einfach nicht weiter.«
Erst wenn man diese von der Inneren Kritik vorgeschobenen Gründe hinterfragt, eventuell mit professionller Hilfe, gelangt man zu den wahren Gründen für Schreibhemmungen und Blockaden.
Tatsächliche Gründe für Schreibblockaden können z. B. sein:
- innere Abwehr gegen den Schreibauftrag (besonders häufig bei Firmentexten und akademischen Texten)
- starke innere Kritik (z. B. verinnerlichte Glaubenssätze aus Schule oder Elternhaus; gering ausgeprägtes Selbstwertgefühl beim Thema schreiben/texten, eventuell LRS)
- zu seltenene Schreibeinheiten (mangelnde Schreibroutine; zu lange oder zu sporadische Einheiten)
- keine oder falsche Vorstellung der Zielgruppe des Textes; Einsatzzweck des Textes unklar
- Schreibskills nicht systematisch erlernt (z. B. Diskrepanz Vorstellung > Resultat; Entwurf und Überarbeitung laufen parallel; Selbstkritik darf beim Schreiben »mitreden«; der Anfang wird zuerst geschrieben; …)
- starke Überzeugungen, wie ein Text dieser Textsorte »auszusehen hat«
- starke und wiederholte Ablenkungen bzw. Ablenkbarkeit (z. B. Lärm, Kinder, »Smartphone-ADHS«; tatsächliche ADHS; störungsreiches Umfeld; visuelle Ablenkung)
- bei Text-Profis: Wechsel der Textgattung
- wenig Erfahrung mit dem Schreibmanagement (z. B.:
- keine oder falsche Textplanung;
- Unordnung des Recherchematerials;
- der 1. Entwurf wird mit zuviel Bedeutung aufgeladen;
- bei längeren Projekten: falsche Software;
- Schnipsel von Fremdtexten (Quellen, Interviews, …) werden zu früh im Schreibprozess eingefügt;
- Geschriebenes wird immer wieder gelesen und korrigiert, obwohl der Text noch nicht fertig ist,
- dein Schreibprozess ist nicht darauf abgestimmt, wie dein Gehirn funktioniert z. B. bei ADHS/Autismus
Spezialfall 1: Schreibblockaden in der Unternehmenskommunikation
Besonders in der Kommunikation nach außen werden immer höhere Anforderungen an Mitarbeitende in Firmen gestellt. Menschen, die eine ganz andere Fachrichtung als Texten, Copywriting, Storytelling … haben und zum letzten Mal in der Grundschule kreative Texte verfasst haben, werden plötzlich alle paar Wochen oder sogar täglich mit Schreibaufträgen konfrontiert.
Die Bandbreite reicht von Kunden-E-Mails und Projektanträgen bis hin zu Storytelling für Kundenzeitschriften und Fachartikeln. In vielen Firmen sollen die Mitarbeiter auch ein »Aushängeschild« für die Firma auf Social Media sein (LinkedIn rechne ich da ein) und sollen regelmäßig posten: »Mein neuestes Projekt, meine coole Weiterbildung, mein schickes Zeitmanagementsystem«
Alles neben der eigentlichen Arbeit, meist ohne Schulung in Schreibtechniken und -methoden.
Die Schreibanlässe im Unternehmen mit den größten Herausforderungen:
- Kundenkommunikation via E-Mail oder Newsletter: Hier gilt es, den richtigen Ton zu finden, um professionell aber auch kundenorientiert zu klingen. Und im Newsletter bitte auch interessant.
- Interne Richtlinien und Dokumentation: Diese Texte müssen klar und eindeutig sein, um Missverständnisse zu vermeiden. Dem entgegen steht die typische Schriftsprache vieler Branchen mit Passivkonstruktionen, Nominalstil und Schachtelsätzen.
- Projektanträge und -präsentationen: Hier sind sowohl inhaltliche Tiefe als auch Überzeugungskraft gefragt und das bitte fertig bis morgen.
- (wissenschaftliche) Artikel für Fachzeitschriften
- Social-Media- und Karrienetzwerk-Posts: Diese erfordern eine andere, oft lockere Sprache, und können trotzdem geschäftskritisch sein.
- Best-Practice-Beispiele, Referenzprojekte, »Story Cases«: Je nach Schwerpunkt werden erfolgreiche Projekte mit oder ohne Storytelling-Elementen z. B. für Kundenzeitschriften, Webseite des Unternehmens aufbereitet und anderweitig fürs Marketing verwendet.
Neben dem Zeitmangel und (häufig) den ständigen Unterbrechungen und visuellen, akustischen … Ablenkungen gibt es mehrere große Herausforderungen beim Schreiben als Angestellter einer Firma:
- Unklarheit über den Zweck des Textes
- widersprechende Ansagen »von oben«, was wie im Text stehen soll und wer die Zielgruppe sein soll
- fehlende Kenntnisse in Schreibtechnik und -management
- Schwierigkeit, für andere Zielgruppen als sich selbst zu schreiben, z. B. Fachjargon abzulegen oder komplexe Inhalte für Laien verständlich darzustellen
- Zeitdruck und Deadlines
- Fakten widersprechen dem Marketing-Gedanken – die Texte sollen den Kunden und die eigene Firma im guten Licht erscheinen lassen, aber trotzdem »die Realität« der Projektarbeit abbilden
- die Fehlannahme, dass geschriebene Texte im ersten Entwurf nicht wie gesprochene Texte klingen dürfen (Ringen um "Kunstsprache")
- »Story Cases«/Erfolgsgeschichten/Social Media Posts, die mehr sind als bloße Faktenzusammenstellungen. Hier wird nicht nur Kompetenz, sondern auch Kreativität erwartet. Während Fakten und Daten das Fundament bilden, sollen diese Geschichten emotional berühren und gleichzeitig die Marke positiv darstellen. Am liebsten garniert mit Storytelling: Die Lesenden sollen mit einer Heldin oder einem Helden mitfiebern. Und diese 'Mini-Epen' sollten bitte bis zum Wochenende fertiggestellt werden …
Die Realität von Unternehmenstexten übersteigt oft die Schreibskills der Schreibenden und überfordert durch unklare Ansagen und der Notwendigkeit der inneren »Zensur«, die in vielen der Texte stattfinden muss, damit sie für die Akquise taugen.
Spezialfall 2: Storytelling in der Unternehmenskommunikation
Früher genügte es meist, in Unternehmenstexten Fakten und Fallbeispiele in Textform aufzuschreiben. Für das Marketing war die Unternehmenskommunikation oder Marketingabteilung zuständig.
Dann tauchte dieses leidige »Storytelling« auf. Auf einmal sollte man selbst Sachtexte mit erzählenden Elementen anreichern, damit es spannender und unterhaltsamer wird.
»Wieder so ein Quatsch aus den USA«, hieß es häufig.
Dieser »Quatsch« entspricht allerdings dem, wie wir Menschen uns schon seit Jahrtausenden Geschichten erzählen. Vermutlich seit der Zeit, wo Mr. Umpfgrumpf in der Höhle am Lagerfeuer seinen Steinzeit-Kumpels von der Mammutjagd erzählte und die Mammuts dabei in der Erzählung immer größer und schneller wurden …
Selbst Skeptiker merken, dass zum Beispiel Werbespots und Social Media Posts mit Storytelling-Elementen auf mehr Resonanz stoßen. Sie helfen auch enorm bei der Markenbildung und Kundenbindung. Firmen wie LUSH, Red Bull u.v.m. nutzen das schon seit Jahrzehnten.
Aber wer macht das Storytelling der Firma?
Ich unterstütze als Buchberaterin neben AutorInnen und Privatpersonen auch Firmen dabei, Bücher umzusetzen. Seit einiger Zeit erreicht mich von Firmen dabei die Bitte: »Geben Sie unseren MitarbeiterInnen ein kurzes Dokument, wie das mit dem Storytelling geht. So in der Art: Die 10 Regeln für Storytelling. Damit sie das umsetzen können.«
Erwartet wird (siehe oben): Während Fakten und Daten das Fundament bilden, sollen die Texte der Mitarbeitenden nicht nur informieren, sondern auch emotional berühren und gleichzeitig die Marke positiv darstellen.
Das ist ein enormer Anspruch an Menschen, die nicht in der PR- oder Marketingabteilung arbeiten – und selbst die bilden sich gezielt in Storytelling, Markenbildung durch Social Media etc. fort. Da genügt ganz sicher nicht ein 10-Punkte-Plan, den man sich einmal durchliest.
Schreibblockade beim kreativen Firmentext
Folglich zermartern sich gestandene Bauingenieure, Versicherungsfachleute oder Webseiten-DesignerInnen den Kopf, mit welchen »Helden« bzw. »Heldinnen« oder Archetypen sie denn nun den staubtrockenen Projektbericht für die Webseite aufpeppen könnten. Meist grübeln sie leider darüber, bevor der eigentliche Text überhaupt geschrieben ist, und fangen dann erst gar nicht an. Die Schreibhemmung resultiert aus einer Überforderung.
Die Lehre daraus sollte aber nicht sein: »Solche Texte überlassen wir den Text-Profis.« sondern Firmen sollten ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, Schreibskills und -methodik zu lernen und ihnen die Zeit geben, sich mit ihren Schreibprojekten zu entwickeln.
Denn niemand ist näher an der Projektarbeit dran, die sich ideal fürs Storytelling eignet, als die Mitarbeitenden in den Fachabteilungen. Nur sie können (vielleicht im Zusammenspiel mit der Unternehmenskommunikation oder der Marketingabteilung) Texte abliefern, die weit über Marketing-Worthülsen hinausgehen.
Gleichzeitig wirkt es sich positiv auf all ihre anderen Textsorten in Unternehmen aus (Kundenbriefings, Kundenbriefe, Präsentationen, Pitches uvm.), wenn die Mitarbeitenden in Schreibtechniken und Schreibmethodik geschult sind.
Wenn die Firma dich nicht beim Lernen der Schreibskills unterstützt, lohnt es sich, sie auf eigene Faust auszubauen. Mehr dazu findest du unter Punkt 7: Schreibblockaden überwinden.
Spezialfall 3: Schreibblockade beim Sachbuch, Roman, Memoir schreiben
Beim Schreiben komplexer und umfangreicher Textprojekte wie Romanen, Sachbüchern, wissenschaftlichen Arbeiten, Memoiren usw. greifen natürlich auch die Gründe für Schreibhemmungen, die du unter »2. Schreibblockade – Was ist das?« aufgeführt findest.
Da die Textprojekte aber so lang sind und auch das zu verarbeitende Material dementsprechend umfangreich, gibt es zusätzliche Stolpersteine und Herausforderungen.
Im Folgenden spreche ich kurz über diese Herausforderungen und mögliche Lösungen. Das ist in einem Übersichtsartikel wie diesem, der dir zur Orientierung beim Thema »Schreibblockaden« dienen soll, natürlich nicht in aller Tiefe möglich.
Melde dich gern für die Mailingliste an, damit du erfährst, wenn neue Artikel dazukommen. Ich bin auch dabei, für die Mailingliste einen Leitfaden mit Tipps und Tricks bei Schreibhemmungen und -blockaden schreiben. Da kann ich viel tiefer in jeden Tipp einsteigen. Trag dich gern auf der Mailingliste ein, damit du das nicht verpasst.
Schreibstörer 1: Die falsche Software
Kurzgeschichten und Artikel kannst du mit Word oder GoogleDoks schreiben, wenn du magst.
Das Schlimmste, das du beim Verfassen komplexer Schreibprojekte tun kannst, ist, mit einer Software zu arbeiten,
- die dich bei jedem Öffnen der Datei an den Anfang des Textes setzt,
- die dir keine Adlerperspektive über die einzelnen Komponenten (Unterkapitel oder Szenen) des Projektes bietet.
Schreibstörer 2: »Bei geöffneter Tür schreiben«
Stephen King gibt in seinem Schreibratgeber »On Writing« den Tipp, er schreibt »mit der Tür zu« und überarbeitet »mit der Tür offen« – auch im übertragenen Sinn.
Wenn du z. B.
- während der Schreibphase Bücher konsumierst aus dem Genre, das du schreibst
- deinen Textanfang immer wieder liest und verbesserst
- deine Innere Kritik (LINK) beim Schreiben nicht abschalten kannst
- dir Feedback von anderen einholst, bevor der komplette erste Entwurf steht
- die Qualität deines unfertigen Textes mit veröffentlichten Texten vergleichst
Ob du ein Sachbuch oder einen Roman schreibst: Der erste Entwurf ist »just you telling yourself the story« (Terry Pratchett). Bevor der erste Entwurf nicht fertig ist, soll das keiner feedbacken – auch du selbst nicht.
Denk dran: Den ersten Entwurf zu schreiben und ihn zu überarbeiten sind zwei grundverschiedene Schreibtechniken!
Nur wenn du die Innere Kritik zeitweise aussperrst, kommst du in den Schreibflow. Und jeder Wechsel von der Autoren- in die Textbewerter-Rolle, erstickt deine Schreibkraft für Stunden, Tage oder Wochen.
Schreibstörer 3: Ewig recherchieren
Wenn du zu wenig recherchierst, versiegt dein inneres »Reservoir«, das du beim Schreiben anzapfst, sehr schnell. Auch das führt zu einer Schreibhemmung.
Recherchieren kann aber auch schnell zu einer Schreibvermeidung werden. Die Innere Kritik LIEBT es, dir einzuflüstern: »Warte, schreib noch nicht! Recherchiere vorher mehr zu Punkt X und Punkt Y!«
Das gilt für Sachtexte genauso wie für Romane.
Wenn du firm in deinem Sachthema bist (z. B. als Projektleiter, als Coach, …) oder für deinen Roman schon ein paar Tage in Charakter- und Worldbuilding investiert hast, dann SCHREIB LOS.
Versuch, den ersten Entwurf des Textes in eigenen Worten zu schreiben. Auch beim Sachtext. Wenn dir tatsächlich eine Wissenslücke begegnet, dann spring nicht zurück in die Recherche, sondern notier dir mit Kommentarfunktion oder in einem Extradokument, wo du noch zusätzlich recherchieren musst.
Da du im Idealfall den ersten Entwurf locker und flüssig schreibst, kann es sein, dass später beim Überarbeiten ein paar Abschnitte oder ganze Kapitel entfallen. Da wäre es vergeudete Arbeitszeit, in dem frühen Stadium in jedes Rechercheloch abzutauchen.
Schreibstörer 4: Nicht genug Respekt vor dem, was Schreiben in dir auslösen kann
Die Arbeit mit den inneren Dämonen/Schatten und den instinktiven Erzählmustern, die auftauchen, kann deine Texte wirklich einzigartig machen UND es kann eine tiefe Verbindung zu den Lesern herstellen. Wenn du wirklich die »Zügel« loslässt, wenn du dein Unterbewusstsein mithelfen lässt beim Schreiben, dann können Erinnerungen, Gedanken und Gefühle in dir hochkochen, die dich verstören.
Besonders beim Memoir-Schreiben aber auch im Roman kann das wirklich »ans Eingemachte« gehen. Dann kann eine »Blockade« auch ein Selbstschutz sein.
Gehe respektvoll mit den Gefühlen und Erinnerungen um, die das Schreiben in dir auslöst. Gönne dir oder nach jeder Schreibsession eine kurze Journaling-Zeit oder eine geführte Meditation, um dich etwas erleichtert zu fühlen.
Wenn du nach vielen produktiven Schreibsessions blockiert bist und die Möglichkeit besteht, dass es an dem liegt, was du da gerade an inneren »Wahrheiten« und Erlebnissen in den Text einarbeitest, kannst du
- den aktuellen Text temporär beiseite legen. Spring zu einem anderen Kapitel oder
- in kleineren Schreib-Einheiten arbeiten
- losgelöst vom Buchprojekt beim Journaling »für dich« schreiben, um dir das Belastende »von der Seele« zu schreiben. Nicht länger als 30 Minuten am Stück, empfiehlt die Schreibforschung.
Schreibstörer 5: Nicht genug Schreibskills
Schreiben gilt in den angelsächsischen Ländern als craft, also als Kunsthandwerk, das man auch ohne angeborenes Talent erlernen kann. Im Umkehrschluss heißt das, dass du genau wie bei Glasblasen, Ölmalerei, Töpfern usw. längere Zeit Üben und eine Lernkurve absolvieren musst, wenn du dieses Handwerk beherrschen möchtest.
Bei kurzen Texten kann man sich häufig durchmogeln. Bei 160 Seiten Sachbuch oder 240 Seiten Roman wird’s dann eng, wenn man das zur Textgattung gehörende Schreibhandwerk nicht gelernt hat.
Wenn man z. B. einen Roman schreibt, aber keine Erfahrung damit hat, Überleitungen und spannende Dialoge zu schreiben, komplexe Szenen mit mehreren Charakteren zu bauen etc. dann ist man schnell genervt vom eigenen Geschreibsel.
Das soll dich nicht frustrieren, sondern anspornen: Schreib den ersten Entwurf so, wie es dir jetzt möglich ist, und sei nicht so hart zu dir. Während der 1. Entwurf abkühlt, lernst du mit Schreibübungen gezielt das, was dich genervt hat.
Es kann auch sein, dass du ohne »Leitplanken« losgeschrieben hast. Ist der erste Elan verpufft, steckt man dann irgendwo jenseits von Seite 30 in der öden Wüste der Buchmitte fest. Hier hilft Plotten weiter.
Das fällt in den Bereich »Planung«, um den es im nächsten Abschnitt geht.
Warum Planung das A und O ist gegen Schreibblockaden
Um Schreibblockaden zu überwinden oder (noch besser!) vorzubeugen, ist es wichtig, vor dem Schreiben die Rahmenbedingungen deines Projektes genau zu kennen.
Für produktives Schreiben benötigst du klar definierte Informationen.
Was muss ich vor dem Schreiben wissen?
Frage dich zu Beginn oder bei Problemen: Welche Informationen sind essentiell, um
1. zu wissen, was genau geschrieben werden soll und
2. später weniger überarbeiten zu müssen?
Schreibmanagement heißt, den ersten Entwurf effizient zu erstellen. Das Ziel ist ein schneller erster Entwurf, damit du eine solide Basis hast, die du gezielt überarbeiten kannst.
Unverzichtbare Rahmenbedingungen sind z. B.:
- die genaue Zielgruppe des Textes (»Kundenmagazin der Firma«, »Frauen« »FantasyleserInnen« ist zu allgemein)
- Umfangsvorgaben als »Zeichen inklusive Leerzeichen« (Wortanzahl oder Normseiten kann man umrechnen)
- Abgabetermin
- Referenztexte, die den gewünschten Stil vermitteln (Hat schon mal jemand in diesem Medium einen Text verfasst, den dein/e Auftraggebenden gut fanden? Es muss nicht dein Thema sein, um dir einen Eindruck vom Stil etc. zu vermitteln.)
- Was für ein Sprachregister und - niveau wird erwartet? Z. B. bei einem Sachtext: Kannst du so schreiben, wie du das Thema KundInnen präsentieren würdest? Oder muss es (quasi) wissenschaftlich sein, mit Belegen? (Diese in Fußnoten oder im Text?) Wird gehobene Sprache und Fachvokabular erwartet?
- Sparringspartner, um deine Ideen für den Inhalt zu feedbacken und den ersten Entwurf des Textes (Gibt es eine Person, die »Betalesen« kann, z. B. ein/e KollegIn? Die Person sollte Ahnung in deinem Thema haben und in der Lage sein, konstruktive (!) Kritik zu geben.)
Umfang und Deadline für eigene Projekte klären
Leg auch bei persönlichen Projekten ohne Auftraggeber Fristen und Umfang fest, z. B. bei Webseitentexten, Blogposts, Romanen.
Knackpunkte des Projekts im Vorfeld klären
Identifiziere Konfliktpunkte frühzeitig. Führe Diskussionen über Zielgruppen oder Stil, bevor du mit dem Schreiben beginnst.
Z. B. beim Versuch zu erfahren, wer denn genau zur Zielgruppe des Kundenmagazins eurer Firma gehört: Wenn du Pech hast, hat die Marketingabteilung eine andere Vorstellung der Zielgruppe als dein Chef, der den Text in Auftrag gegeben hat – und deine KollegInnen, die deinen Text feedbacken, haben wieder eine andere Vorstellung der Zielgruppe.
Perfekt, wenn du diese Dikussionen VOR dem Schreiben des Textes führst und nicht erst, wenn du mit dem ersten Entwurf fertig bist! Ändert sich die Zielgruppe, muss sich meist der gesamte Tonfall des Textes ändern und schlimmstenfalls muss auch inhaltlich so viel verändert werden, dass ein komplett neuer Entwurf nötig ist.
Vor allem löst es Schreibhemmungen aus, wenn man einen Text schreibt, aber keine Referenztexte kennt (»Was für einen Text stellt der Chef sich denn vor?«) und nicht weiß, für wen genau man schreibt.
Sinnvolle Recherche vor dem Schreiben
Um nicht zu blockieren beim Schreiben, sollte man nicht einfach drauflosschreiben, sondern erstmal Material sammeln.
Für die Materialsammlung solltest du effizient und zielgerichtet vorgehen, ohne dich in langen Recherchen zu verlieren.
Je kürzer der Text, umso weniger Vorbereitungszeit ist nötig. Für einen Roman oder ein Fachbuch mit 300 Seiten ist die Sammelphase natürlich dementsprechend länger.
Verlier dich nicht in stundenlangen Recherchen sondern was du zum Schreiben brauchst sind Ideen für den Inhalt. Nicht, was andere zu dem Thema veröffentlicht haben, sondern was du dazu schreiben möchtest. Sonst sitzt du auf einem Berg Recherchematerial und starrst wie gelähmt auf den blinkenden Cursor.
Notiere dir per Mindmap (auf Post-Its oder digital) Stichpunkte und (wenn Storytelling gefragt ist) Anekdoten und reihe sie zu einem roten Faden aneinander.
Die Innere Kritik wird dir immer zuflüstern, dass du noch mehr recherchieren musst. Ignorier das! Merkst du beim Schreiben: »Hier fehlt mir noch was«, dann benutze die Kommentarfunktion und halte fest, was noch zu recherchieren ist. Das erfolgt erst dann, wenn der erste Entwurf steht!
Sonst kann es dir passieren, dass du stundenlang in Google-, KI- oder sonstigen Recherchen abtauchst für einen Absatz, den du später löschst.
Akute Schreibphase und Schreibpensum
Plane dein Schreibpensum realistisch für die akute Schreibphase. Verschaffe dir einen Überblick: Wieviel Text musst du in wieviel Zeit schreiben? Plane auch Zeit für Unvorhergesehenes ein und Zeit, damit der Text »abkühlt« (siehe unten) und um ihn zu überarbeiten.
Zum Beispiel:
Deadline ist in 8 Wochen für einen Firmenartikel. Er ist für eine Kundenzeitschrift und du hast 3 Artikel von KollegInnen als Referenztexte erhalten. Der Umfang liegt bei »etwa 10 Seiten«.
Man konnte dir nicht sagen, ob das Normseiten sind. Also hast du stichprobenartig ein paar Seiten ausgezählt und den Mittelwert genommen. Dabei landest du bei 1700 Zeichen. Ich würde mit 1800 rechnen (klassische Normseite). Dann kannst du später Textstellen einfach streichen, die dich oder deine Betalesenden nicht so überzeugt haben.
Du ziehst von den 8 Wochen z. B. ab:
- 1 Woche für Unvorhergesehenes
- 2 Wochen für das Feedback von KollegInnen (die Zeit nutzt du auch als »Abkühlphase«, um kritische Distanz zum Text aufzubauen)
- 1–2 Woche/n Überarbeitungszeit (je nachdem, wie ausgelastet du bist)
Das heißt, es bleiben 4 Wochen reine Schreibzeit für 18.000 Zeichen. Jetzt bitte nicht rechnen: »Also genügt es, pro Woche 2,5 Seiten Text zu schreiben.« (10 Normseiten : 4 Wochen)
Es hilft der Kohärenz deines Textes, wenn du beim ersten Entwurf möglichst viel in einem Rutsch schreibst und wenn du täglich schreibst. Ja, auch am Wochenende.
Die tägliche Schreibsession kann dann auch mal kurz sein. Hauptsache, es geht voran im Text und du gibt deinem Unterbewusstsein täglich »Futter« für das Projekt. Dann knabbert es auch daran, während du deiner sonstigen Arbeit nachgehst, kochst, schläfst. Daher kommen diese Geistesblitze, die AutorInnen gern beim duschen oder spülen heimsuchen: Der Text »meldet« sich und flüstert dir Ideen ein, wie es weitergehen könnte oder was man anders formulieren könnte.
Das ist das Ziel – und das ist genau das Gegenteil einer Schreibblockade: Wir wollen erreichen, dass der Text mit uns »spricht«. Nichts anderes ist der Flow beim Schreiben.
Schreibblockade überwinden
Du hast jetzt schon viel dazu gelesen, wie Schreibblockaden bzw. Schreibhemmungen entstehen und wie du im Umkehrschluss Schreibhemmungen vermeidest. Schritt 1, um Schreibhemmungen loszuwerden, ist eine gute Schreibplanung und -management, wie du vorhin gesehen hast.
Schritt 2 ist eine Toolbox von Tricks und Strategien zu kennen, damit du in verschiedenen Schreibsituationen eine Lösung für deine Schreibhemmung findest.
In diesem Unterkapitel gebe ich dir ein paar der Impulse und Tricks mit, die sich bei Textenden bewährt haben. Unterteilt in:
- »Zu viele Gedanken im Kopf« und
- »Wenn du auf ein leeres Dokument starrst«.
Zu viele Gedanken im Kopf und ToDo’s auf dem Tisch
Schreib mit der Tür zu
Stephen King gibt diesen Tipp (Schreib mit der Tür zu) in seinem Schreibratgeber »On Writing«. Er schreibt »mit der Tür zu« und überarbeitet »mit der Tür offen« – auch im übertragenen Sinn. Das kann ich dir von ganzem Herzen empfehlen.
Dazu gehört aber mehr, als nur die Tür zu schließen:
- Blockiere Zeiten für das Schreiben im Kalender und halt dich auch daran. Setz die Zeitintervalle am Anfang kurz (ca. 20 Minuten oder 30 Minuten)
- Schirme dich für die Schreibzeiten ab (Lärm, Unterbrechungen, visuelle Reize, Handy auf stumm und so, dass du es nicht sehen kannst); benutze möglichst ablenkungsfreie Schreibprogramme!
- Lies keine Texte/Bücher aus deinem Textgenre, während der aktiven Schreibphase. Lies generell möglichst wenig in der Zeit. Denn sonst vergleichst du deinen »rohen« Text mit den fertigen Texten anderer Menschen – die schon von zig Personen auf Hochglanz poliert wurden.
- Mach kein Multitasking. Mach es wie Neil Gaiman. Wenn er sich zum Schreiben hinsetzt, gestattet er sich »absolut nichts zu machen oder zu schreiben.« Kein Internet, kein Handy, nichts. Ins Leere gucken – oder schreiben. Du wirst sehen: Da schreibst du lieber, als weiter regungslos die Wand oder den Garten anzuschauen. 😉
- Blockiere Zeiten für das Schreiben im Kalender und halt dich auch daran. Setz die Zeitintervalle am Anfang kurz (ca. 20 Minuten oder 30 Minuten)
- Schirme dich für die Schreibzeiten ab (Lärm, Unterbrechungen, visuelle Reize, Handy auf stumm und so, dass du es nicht sehen kannst); benutze möglichst ablenkungsfreie Schreibprogramme!
- Lies keine Texte/Bücher aus deinem Textgenre, während der aktiven Schreibphase. Lies generell möglichst wenig in der Zeit. Denn sonst vergleichst du deinen »rohen« Text mit den fertigen Texten anderer Menschen – die schon von zig Personen auf Hochglanz poliert wurden.
- Mach kein Multitasking. Mach es wie Neil Gaiman. Wenn er sich zum Schreiben hinsetzt, gestattet er sich »absolut nichts zu machen oder zu schreiben.« Kein Internet, kein Handy, nichts. Ins Leere gucken – oder schreiben. Du wirst sehen: Da schreibst du lieber, als weiter regungslos die Wand oder den Garten anzuschauen. 😉
Free Writing / Journaling
Wenn dir alles mögliche durch den Kopf spukt, sobald du eigentlich schreiben möchtest, stell dir einen Timer auf 10 Minuten und kotz dich schriftlich aus. Ideal per Hand, aber du kannst auch tippen. Gefragt ist Free Writing: Zensier dich nicht, spuck alle Gedanken aufs Papier. Rechtschreibung, innere Logik: Völlig scheißegal. Denn dieser Text ist nur für dich.
Wenn der Timer klingelt, brichst du das Journaling ab und gibst dir eine Minute zum Durchschnaufen und Task-Switching (siehe unten). Dann springst du in deinen Text. Vernichte die Texte, wenn du dich dann beim Schreiben freier fühlst.
Bewusstes Task-Switching
Das Gehirn braucht einen Moment, um von einem Task zum anderen zu springen. Du kannst nicht erwarten, mit Puls auf 180 aus einem Meeting zu kommen und dann sofort produktiv an deinem Text zu schreiben.
Nimm dir mindestens 30 Sekunden, um bewusst in den neuen Task zu wechseln. Ich mache das z. B. durch den Eintrag in die Zeiterfassung: Der alte Task wird beendet, der neue benannt, das entsprechende Projekt ausgewählt und dann auf »Start« geklickt. Ich verstärke das, indem ich parallel einen Timer mit der geplanten Schreibzeit im Computer einstelle, der klingelt, wenn die Zeit um ist.
Auch kurz einen bestimmten Punkt zu fixieren und den Blick mindestens 30 Sekunden (besser: ein paar Minuten) darauf zu halten, hilft beim Fokussieren. Die Neurowissenschaft sagt: Der mentale Fokus folgt dem visuellen Fokus.
Wenn du auf das leere Dokument starrst
Höre nie am Kapitelende bzw. am Ende eines Gedankens auf
Beende die Schreibsession, wenn du noch etwas zu »sagen« hast. Notier dir die Ideen für die nächsten Sätze in Stichpunkten in deinen Text – und verwende ein Programm, das dich genau AN DIESE STELLE bringt bei der nächsten Schreibsession.
Höre nie am Kapitel- bzw. Szenenende auf. Das verstärkt das Gefühl »der Cursor blinkt drohend in dem weißen, leeren Dokument«. Schreib über das Kapitelende hinaus und die ersten Sätze des nächsten Kapitels/der nächsten Szene. Dann abbrechen und: siehe oben. So steigst du bei der nächsten Schreibsession quasi »vorgewärmt« ein.
Nutze eine Software, die den Text nicht am Anfang öffnet!
Du musst nicht mit einer Autorensoftware schreiben: Viele Gratis OpenSource-Schreibprogramme arbeiten ebenfalls mit dem Prinzip, dass du an der Stelle weiterschreibst, wo du zuletzt aufgehört hast – auch wenn das Dokument zwischendurch geschlossen wird. Ich empfehle OpenOffice; LibreOffice gibt es auch.
Du kannst natürlich auch einfach die Datei in Word oder GoogleDok nie schließen, aber ist das realistisch?
Wechsel das Medium
Wenn du am Computer sitzt und obwohl du alle Tipps und Tricks, die ich hier aufführe, anwendest, kommt nichts: Dann wechsele das Medium. Probiere aus, was bei dir hilft:
- aus dem aktuellen Programm in ein anderes wechseln, also z. B. aus Scrivener in GoogleDoks oder aus Word in einen schnöden Text-Editor.
- mit Füller in einer Kladde weiterschreiben, statt an der Tastatur.
- das Notebook mit in die Küche oder auf die Couch nehmen, anstatt am Schreibtisch zu arbeiten.
- mach einen Spaziergang und schreibe in Gedanken den Text weiter. (Mit Handy in der Tasche, dass du Ideen gleich diktieren oder aufschreiben kannst.)
Es klemmt? Beweg dich!
Dich zu bewegen und dabei an deinen Text zu denken, bringt oft den Textfluss in Gang. Die Kunst ist, sich dabei nicht von etwas anderem ablenken zu lassen. 😉
Ideal: Ein flotter Spaziergang im Wald oder Park.
Alternativen bei Regen oder Zeitmangel:
- einmal rund um den Block marschieren im strammen Schritt.
- einmal oder mehrfach Treppenhaus runter- und wieder raufgehen.
- Spülmaschine ausräumen.
- Wäschekorb aus dem Keller tragen.
- am offenen Fenster 5 Minuten die Kettlebell schwingen.
- ein paar Liegestütze (auf die Tischkante gestützt, wenn es sonst zu schwer wird)
Tomatenzeit – Schreibhappen mit dem Pomodoro-Prinzip
Wenn sich die Schreibzeit zu endlos anfühlt oder du überwältigt gar nicht weißt, wo du loslegen sollst: Verwende einen Pomodoro-Timer, um die Schreibzeit zu strukturieren. Im Grundprinzip ist eine Pomodoro-Einheit 25 Minuten lang, es folgt 5 Minuten Pause, dann die nächste 25 Minuten Einheit. Nach 4 Einheiten ist die Pause länger: 15 bis 20 Minuten.
Da es bis zu 30 Minuten dauern kann, beim Schreiben in den Flow zu kommen, funktionieren diese kurzen Schreibhappen am besten in Kombination mit Schreibsprints (siehe unten).
Zeitmanagement in Schreibprojekten
Verwende eine (gratis) Zeiterfassungssoftware, damit du nicht selbst belügst, wie lange du tatsächlich »geschrieben« hast.
Denk an »Schreiben mit der Tür zu« oben! Schreibsession heißt: schreiben. Und nicht: E-Mails abrufen, in Slack reingucken, einen Kaffee kochen, die Überschriften anders formatieren, … 😉
Es ist ganz heilsam, das eine Zeitlang zu erfassen und beim Abbrechen der Schreibzeit ein Stichwort zu notieren, wer da unterbrochen hat (z. B. Kollege, Türklingel, Kinder, …).
Wenn du deine Zeit ehrlich erfasst, spürst du Störfaktoren deiner Schreibzeit auf.
Man kann dann versuchen, diese abzustellen oder die Schreibzeit z. B. auf eine andere Uhrzeit zu legen. Die Kombination mit der Uhrzeit bei der Zeiterfassung hilft dabei, Muster zu erkennen.
Kleine Schreibhappen
Halte vor jeder Schreibsession fest, was du jetzt, hier, heute schreiben wirst. Denn: »Der Artikel muss in 2 Wochen fertig sein« bringt dich nur unter Druck und lockt Schreibblockaden auf den Plan.
Hangele dich an deiner Gliederung entlang. Welchen Unterpunkt kannst du in der Zeit, die du dir gleich zum Schreiben nimmst, vermutlich schaffen?
- »In den nächsten 50 Minuten schreibe ich den ersten Entwurf von Gliederungspunkt 4.«
- »Im Schreibsprint gleich schreibe ich den Dialog zwischen (Charakter 1) und (Charakter 2) aus Szene 5.«
Co-Working (am besten mit Fremden)
Verwende Focusmate (externer Link) oder andere Co-Working-Möglichkeiten.
Auch wenn dein Gegenüber nicht sehen kann, ob du tatsächlich schreibst oder lange Social Media-Kommentare tippst: Man bleibt eher bei der Sache, wenn man die andere Person arbeiten sieht. Den Effekt nennt man auch „Body Doubling“.
Schreibsprints
Es gibt so viel, das ich dir zum Thema Schreibsprints mitgeben möchte. Deshalb gibt es dazu später einen eigenen Artikel.
Wofür ist das gut?
- Man produziert Text mit geringem Zeiteinsatz. Das ist perfekt für Phasen mit Zeitmangel, um täglich mit dem Text in Kontakt zu bleiben.
- Man muss für Schreibsprints lernen, den inneren Kritiker, der einen ausbremst, zeitweise auszuschalten.
Ein Schreibsprint funktioniert so:
- Du hältst kurz in Stichpunkten fest, was jetzt gleich im Text vorkommen soll.
- Du stellst einen Timer und schreibst so schnell an deinem Text, wie du tippen oder den Stift bewegen kannst. Starte mit kurzen 5 Minuten Einheiten.
- Kein Innehalten, kein Absetzen, kein Grübeln, kein Hinterfragen oder Überarbeiten deines Textes.
- Du denkst in dieser festgelegten Zeit an nichts anderes als an den Text und du zensierst nichts, was du in dieser Zeit schreibst. Tippfehler, logische Brüche: alles egal. Mach dir bei Ideen eine kurze Notiz und schreib einfach weiter. Z. B. »Nein, folgendes Beispiel ist besser: …)
Es erfordert ein paar Tage Übung, bis es klappt.
Du hast alles richtig gemacht, wenn es sich wie Krafttraining fürs Gehirn anfühlt und du ein paar Minuten lang im Anschluss ein bisschen »gedanklichen Muskelkater« hast.
Ich lege täglich zusätzlich zu den »normalen« Schreibsessions einen kurzen Schreibsprint ein, um in Übung zu bleiben. An Tagen mit zu knapper Schreibzeit gibt es dann nur den Schreibsprint.
Fazit und nächste Schritte
Was unterscheidet einen guten Text von einem nicht so guten Text?
- Die Vorbereitung: Gab es vor dem Schreiben eine sinnvolle Gliederung mit rotem Faden und passte der Inhalt zur Zielgruppe und Einsatzzweck des Textes?
- Die Überarbeitungsphase des Textes. Selbst bei Textprofis ist der erste Entwurf nicht so, wie sie sich den Text vorher vorgestellt haben (siehe »The first draft of everything is shit.«) Erst die Überarbeitung bringt den Textentwurf an das Ideal heran.
Das Ziel ist es deshalb, mit möglichst wenig Reibungsverlusten von der Textidee zum fertigen ersten Entwurf zu kommen. Wie du oben gesehen hast, gibt es dafür viele Stellschrauben, die du anwenden kannst, um diesen ersten Entwurf ohne Schreibblockaden zu produzieren.
Dann kannst du »die Tür öffnen« für die Überarbeitungsphase.
Da es jetzt einen ersten Entwurf gibt, kann man den Text gezielt verbessern. Deine Möglichkeiten dafür sind vielfältig: Selbstlektorat, Feedback von Betalesenden aus der Zielgruppe, Feedback von KI, Unterstützung von Profis wie LektorInnen oder Schreibcoaches.
Ich wünsche dir viel Erfolg bei deinen Texten!
P.S. Magst du Co-Working?
Für Menschen auf meiner Mailingliste biete ich alle 2-3 Monate eine längere Schreibsession via Zoom im Co-Working-Modus an. Für 0 Euro.
Wir treffen uns 2 oder 4 Stunden mit dem einen Ziel: endlich weiterzukommen mit einem aktuellen Textprojekt. Trag dich hier für die Mailingliste ein.
Weiterführende Ressourcen
Amazon-Links sind Affiliatelinks.
Meine Schreib-Kurse und Textsprechstunde
Hier erfährst du mehr über meine Textsprechstunde – 60 Minuten 1:1 Beratung, Text- und Exposéfeedback u.v.m.
Hier kannst du dich für meine Mailingliste eintragen. Damit verpasst du keine Schreibkurse und kannst mehrfach im Jahr für 0 Euro an den »Schreib den Text fertig«-Sessions teilnehmen.
Empfohlene Bücher
Notizbücher
Ich verwende punktkarierte (dotted) Notizbücher für das erste Textbrainstorming und immer dann, wenn ich mal das Medium wechseln muss.
Mir ist wichtig, dass alle Seiten nummeriert sind und es am Anfang ein Inhaltsverzeichnis gibt. Kann man aber natürlich auch alles selber anlegen.
Zwei Notizbücher, mit denen ich gern arbeite:
Leuchtturm Hardcover in DIN-A5, nummerierte Seiten, kostet inzwischen über 21 Euro (war vor 2 Jahren noch 16 Euro pro Buch). Gibt es auch mit noch dickerem Papier.
Hieroglyphs Bullet Journal schön gemacht, dünneres Papier als Leuchtturm (je nach Farbe und Ausführung etwa 9,90€ – 12,00€ Stand November 2023)
Videos
Autor Neil Gamain im Interview bei Tim Ferris (englisches Video)
Ab Minute 10:50 geht es um Gaimans Schreibregel; später gibt Gaiman Tipps zum Schreiben von Geschichten, Schreiben von Hand u.v.m.